Grüner Star
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Fast 60.000 Menschen leiden jährlich in Deutschland an dem sogenannten Grünen Star. Doch was bedeutet die Diagnose für die Betroffenen? Wie entsteht die Erkrankung und wie lässt sie sich therapieren? Im folgenden Beitrag werden diese Fragen beantwortet.

Ein Beitrag von Enfal-Nur Celik 

Beim Grünen Star, auch Glaukom genannt, handelt es sich um eine Krankheit, die das Sehvermögen beeinträchtigt. Als häufigste Ursache gilt ein zu hoher Augeninnendruck.

Das Auge besitzt eine komplexe anatomische Struktur. Viele Kammern und Kanäle sorgen dafür, dass der Augeninnendruck für das Sehvermögen optimal reguliert wird. Der Augeninnendruck wird in der sogenannten Augenkammer zwischen der Augenlinse und der Hornhaut gemessen. Das Augenwasser, das sich in der Kammer befindet, ist dafür zuständig, dass die Hornhaut, die Iris (Regenbogenhaut) und die Augenlinse ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Das Augen- oder auch Kammerwasser wird im Auge selbst gebildet und fließt von der hinteren Augenkammer in die vordere Augenkammer hinein und von hier durch den sehr feinen Schlemm’schen Kanal wieder ab. Durch diesen Zyklus wird der Augeninnendruck konstant gehalten. Druckwerte zwischen 10 und 21 Millimeter-Quecksilbersäule (mmHg) sind unbedenklich.

Insbesondere mit zunehmendem Alter kann es dazu kommen, dass der oben beschriebene Weg des Abflusses behindert ist. Das Kammerwasser staut sich also auf und es kommt zu einer Druckerhöhung im Auge.

Weitere mögliche Ursache für die Entstehung des Grünen Stars sind: eine schlechte Durchblutung des Sehnervs, eine Entzündungen im Augenbereich, Gefäßerkrankungen und Verletzungen.

Wie macht sich ein Grüner Star bemerkbar?

Das am häufigsten vorkommenden Offenwinkelglaukom, auch Weitwinkelglaukom genannt, entsteht, wenn sich mit zunehmendem Alter die Abflusswege des Auges verlegen. Das Auge produziert weiter Kammerwasser, das nicht wie gewohnt abfließen kann. Dieser erhöhte Abflusswiderstand tritt meist im Schlemm’schen Kanal auf. In den meisten Fällen leiden Betroffene anfangs an gar keinen Symptomen. Eine Früherkennung ist allerdings sehr wichtig, da im weiteren Verlauf das Sehvermögen gestört wird und die Nervenzellen sogar absterben können. Erkrankte berichten dann von sogenannten blinden Stellen, die sich mit der Zeit ausdehnen. In seltenen und schweren Fällen können sie Randbereiche gar nicht mehr wahrnehmen, sodass sie nur noch mittig sehen.

Beim sogenannten Engwinkelglaukom oder Winkelblockglaukom ist der Abfluss vollständig behindert, weil der sogenannte Kammerwinkel eingeengt oder verlegt ist. So kann gar kein Kammerwasser mehr abfließen und der Augeninnendruck steigt rapide an. Deshalb sprechen Ärzte auch von einem akutem Glaukom oder Glaukomanfall. Zu den Symptomen dieser Glaukomart zählen Kopfschmerzen, Augenschmerzen und Übelkeit. Betroffene berichten auch, dass sie Regenbogen sehen. Das Engelwinkelglaukom ist ein medizinischer Notfall und muss schnellstmöglich behandelt werden.

Bei fast der Hälfte der Erkrankten haben Ärzte festgestellt, dass der Augeninnendruck zwar den Normwerten entspricht, aber Betroffene trotzdem an Glaukomsymptomen leiden. Man spricht dann von einem Normaldruckglaukom. Hier wird vermutet, dass für die Betroffenen der normale Druckbereich bereits zu hoch ist.

Bei allen Glaukomarten ist die Früherkennung der Schlüssel zum Therapieerfolg. Denn der Grüne Star ist gut behandelbar. Die bis dahin entstandenen Nervenschädigungen sind aber irreversibel und können nicht behandelt werden.

Wie stellen Ärzte einen Grünen Star fest?

Bevor die ersten Symptome auftreten, können Augenärzte den Grünen Star diagnostizieren. Sie empfehlen ab dem 40. Lebensjahr den Augeninnendruck alle drei Jahre kontrollieren zu lassen. Wenn eine Glaukomerkrankung in der Familie bekannt ist oder Zuckerkrankheit (Diabetes) zu den eigenen Vorerkrankungen zählt, sollten die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen nicht vernachlässigt werden.

Die Glaukom-Früherkennung zählt zu den individuellen Gesundheitsleistungen und muss in der Regel privat bezahlt werden. Für die Früherkennung führen die Ärzte den üblichen Sehtest durch und messen den Augeninnendruck (Tonometrie). Mit einem Tropfen Betäubungsmittel wird das Auge schmerzunempfindlich, sodass die Ärzte einen kleinen Messkolben auf die Hornhaut aufsetzen können.

Außerdem kommt noch eine Augenspiegelung infrage. So kann der Augenarzt mit einem speziellen Instrument, dem Ophthalmoskop, die Netzhaut und den Sehnervkopf untersuchen. Dies ist wichtig, um insbesondere beim Normaldruckglaukom Sehnervschädigungen auszuschließen, wenn die Werte der Tonometrie im Normbereich sind.

Liegen Symptome vor, so werden die Untersuchungskosten von den Krankenkassen übernommen. Als besonders wichtiges Diagnoseverfahren kommt die Gesichtsfeldmessung (Perimetrie) infrage. Denn eine fortgeschrittene Glaukomerkrankung führt dazu, dass Betroffene nur noch eingeschränkt sehen können.

Die Untersuchung zielt darauf ab, das Ausmaß der “blinden Flecke” zu bestimmen. Bei der computergestützten Untersuchung werden beide Augen untersucht. Ein Bildschirm, der die Form einer Halbkugel hat, zeigt unterschiedlich helle Lichtpunkte. Jedes Mal, wenn der Patient die Lichtpunkte sieht, drückt er auf einen Knopf. So kann der Computer berechnen, welche Bereiche der Patient nicht mehr sieht. Auch für die Verlaufskontrolle ist die Gesichtsfeldmessung unverzichtbar.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei einem Grünen Star?

Welche Therapiemöglichkeiten infrage kommen, hängt von der Glaukomart und dem Verlauf der Krankheit ab.

Beim sogenannten Glaukomanfall, der beim Engwinkelglaukom entsteht, muss schnell gehandelt werden. Bei akuten Sehstörungen und Augenschmerzen sollten Sie immer einen Augenarzt aufsuchen. Denn mit einem Lasereingriff kann das Kammerwasser, das sich aufgestaut hat, wieder abfließen.

Beim Offenwinkelglaukom oder dem Normalwinkelglaukom können Ärzte sowohl mit medikamentösen Behandlungen als auch operative Therapien helfen. Allerdings lässt sich der Grüne Star nicht heilen. Die ärztliche Behandlung zielt darauf ab, den Verlauf der Krankheit zu verzögern oder aufzuhalten. Aufgetretene Nervenschädigungen können nicht mehr geheilt werden.

Medikamentöse Therapien

In den meisten Fällen lässt sich der Grüne Star medikamentös gut behandeln. Ärzte verschreiben Arzneimittel in Form von Augentropfen. Ziel der medikamentösen Dauerbehandlung ist es, den Augeninnendruck zu senken und so das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten. Im besten Fall gelingt das bevor die ersten Symptome auftreten. Die häufigsten Wirkstoffe, die Ärzte verschreiben, sind Prostaglandine, Betablocker, Carboanhydrasehemmer und Alpha-2-Agonisten. Während die Prostaglandine den Kammerwasserabfluss fördern und die Kammerwasserproduktion vermindern, reduzieren die übrigen Wirkstoffe nur die Produktion von Augenwasser. Die medikamentöse Behandlung aus diesen Wirkstoffen erfolgt nach einem Therapieschema, das sich an Ihrem individuellen Krankheitsverlauf orientiert. Der Erfolg der Therapie wird in den regelmäßigen Verlaufskontrollen überprüft.

Operative Therapien

In seltenen Fällen wird der Zieldruck medikamentös nicht erreicht oder es liegt ein Glaukomanfall vor. In diesen Situationen kann eine Operation helfen.

Ziel der operativen Eingriffe ist es, entweder eine künstliche Ableitung für den Abfluss von Kammerwasser zu schaffen oder die Kammerwasserproduktion zu verringern.

Bei der Filtrationsoperation legen die Augenärzte eine Öffnung zwischen Kammerwinkel und vorderer Augenkammer. Diese Öffnung wird mit körpereigenem Gewebe abgedeckelt, sodass der Abfluss von Kammerwasser gebremst erfolgen kann.

Während einer Kanaloplastik führen Ärzte eine hauchdünne Sonde in den Schlemm’schen Kanal ein und legen einen dauerhaften Faden ein. Dieser dehnt den Kanal etwas weiter auf, sodass auch Kammerwasser abfließen kann. Die Kanaloplastik ist ein neues Verfahren, das viel risikoärmer ist als die Filtrationsoperation.

Durch eine Laser-Trabekuloplastik können Ärzte präzise einen Laser an vier Stellen im Trabekel Gewebe des Auges ansetzen. Durch die Laseranwendung entsteht an diesen Stellen Narbengewebe. Diese Auflockerung führt dazu, dass das Kammerwasser leichter abfließen kann. Allerdings ist die Wirkung dieser Operation geringer.

Die sogenannte Zyklodestruktion ist ein operatives Verfahren zur Verminderung der Kammerwasserproduktion. Sie ist mit einer Verödung vergleichbar. Die Ärzte reduzieren bei diesem chirurgischen Eingriff das Gewebe, das das Kammerwasser produziert. Das Verfahren muss allerdings oft wiederholt werden, weil die Ärzte nicht im Vorfeld bestimmen können, wie viel Gewebe entfernt werden muss, damit das Kammerwasser zwar in einem geringeren aber immer noch ausreichendem Maß produziert wird.

Verlauf und Prognose eines Grünen Stars

Eine Glaukomerkrankung lässt sich nicht vorbeugen. Daher empfehlen Ärzte, regelmäßig die Früherkennungsuntersuchung durchzuführen. Für Personen, die bereits an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes oder einer Nierenerkrankung leiden, zählt sie zu den Gesundheitsleistungen, die die Krankenkasse bezahlt.

Die medikamentöse Glaukomtherapie muss lebenslang gewissenhaft durchgeführt werden. Wenn Sie die Tropfen nicht vertragen oder der Zieldruck nicht erreicht wird, können Ärzte andere Präparate verschreiben. Wichtig ist, Beschwerden und den Therapieverlauf immer abzuklären. Helfen die Medikamente nicht weiter, können Ärzte mit Ihnen die operativen Möglichkeiten besprechen.

Jährlich erblinden in Deutschland etwa 10.000 Menschen und bei 2.000 von ihnen wird als Ursache der Grüne Star genannt. Ein bereits eingetretener Sehverlust ist irreversibel und nicht behandelbar. Aus diesem Grund ist es ratsam, die Früherkennungsuntersuchung wahrzunehmen. Mit der medikamentösen Therapie kann ein Fortschreiten der Krankheit dann oft verhindert werden.

Quellen 

Apothekenumschau. Glaukom (grüner Star). 2018. https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/augenkrankheiten/glaukom-gruener-star-733583.html. Zuletzt abgerufen 23.05.2022. 

Dietlein, Thomas S.; Hermann, Manuel M.; Jordan, Jens F..Medikamentöse und chirurgische Therapie des Glaukoms. Dtsch Arztebl Int 2009; 106(37): 597-606; DOI: 10.3238/arztebl.2009.0597. 

Gesundheitsinformation. Grüner Star (Glaukom).  https://www.gesundheitsinformation.de/gruener-star-glaukom.html. Zuletzt abgerufen 23.05.2022. 

Schuster, Alexander K.; Erb, Carl; Hoffmann, Esther M.; Dietlein, Thomas; Pfeiffer, Norbert. Diagnostik und Therapie der Glaukome. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 225-34; DOI: 10.3238/arztebl.2020.0225.

 

 

 

 

 

 

 

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