Sterbehilfe
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Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten, die passive Sterbehilfe ist erlaubt. An wen kann man sich wenden, wenn man den Wunsch hat, zu sterben?

Im Grundgesetz steht, dass jeder das Recht über die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat (Artikel 2). Dazu gehört auch, dass man selbst entscheiden kann, wann man seinem Leben ein Ende bereitet.

Dieser Artikel richtet sich an schwerstkranke Menschen und Ihre Angehörigen, die keinen anderen Ausweg als den Freitod sehen. Wenn Sie in einer persönlichen Krise stecken und Hoffnung auf Heilung besteht, können Sie sich an die Telefonseelsorge wenden. Falls Sie eine Klinik für Ihre Erkrankung suchen, finden in der Klinikliste von Klinik Kompass viele Spezialkliniken.

Aktive Sterbehilfe

Wenn ein Ehemann seiner todkranken Ehefrau ein Medikament verabreicht, das in kurzer Zeit zu ihrem Tod führt, dann leistet er aktive Sterbehilfe. Diese ist in Deutschland verboten (§ 216 StGB) und kann zu einer Verurteilung von bis zu fünf Jahren Haft führen.

In den Niederlande, in Belgien und Luxemburg ist die aktive Sterbehilfe erlaubt, vorausgesetzt ein Arzt leistet sie und hält sich an bestimmte Sorgfaltskriterien. Eine Reise von deutschen Patienten in die drei Benelux-Länder bietet sich aber nicht an. Die aktive Sterbehilfe wird dort aus einem gewachsenen Arzt-Patienten-Verhältnis geleistet. Der Arzt hat die betreffende Patienten viele Jahre begleitet und betreut keine ihm fremden Patienten.

Passive Sterbehilfe

Wenn ein Ehemann seiner todkranken Ehefrau ein Medikament auf den Nachttisch legt und sie es selbst einnimmt, dann leistet er passive Sterbehilfe. Diese ist in Deutschland erlaubt.

Auch ein Arzt oder ein Mitglied eines entsprechenden Vereins dürfte die Tablette auf den Nachttisch der Patientin legen. Dies ist in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 festgelegt worden. Zeitweise war dem Arzt oder dem Mitglied eines Sterbehilfevereins dies wegen der sogenannten „geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ verboten gewesen.

Patienten mit Sterbewunsch können sich also an den Hausarzt wenden, damit er ihnen ein todbringendes Medikament besorgt. Allerdings sieht Wega Wetzel von der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) hier geringe Erfolgschancen: „Wir haben den Eindruck, es gibt noch wenige Ärzte, die sich für die Freitodbegleitung öffnen, auch wenn sich immer mehr Ärzte zu diesem Thema bei uns informieren.“ Sie rät Patienten oder Angehörigen sich an eine der beiden bekannten Sterbehilfe-Organisationen zu wenden: Den Verein Sterbehilfe oder Dignitas Deutschland.

Therapien am Lebensende

Es gibt eine dritte Form der Begleitung in den Tod: Die indirekte Sterbehilfe. Nehmen wir an, der Ehemann hat seine todkranke Ehefrau auf eine Palliativstation ins Krankenhaus gebracht. Der Klinikarzt kann die Dosierung eines Schmerzmittels, zum Beispiel Morphium, erhöhen, wenn die Ehefrau unter quälenden Schmerzen leidet. Er nimmt in diesem Moment ihre Lebensverkürzung in Kauf, um ihre Leiden zu reduzieren. Es handelt sich also um keine Entscheidung für oder gegen den Tod, sondern für eine möglichst lange schmerzfreie Zeit der Ehefrau, die zu ihrem Tod führen kann.

Patientenverfügung – nicht nur für den Notfall

Gehen wir davon aus, die Frau hat nie geheiratet und lebt alleine. Sie stürzt schwer, wird ins Krankenhaus gebracht und wird dort künstlich beatmet. Wie würden die Klinikärzte behandeln?

Hier stellen sich Ärzte im Krankenhaus sofort diese Frage: Hat die Patientin eine Patientenverfügung? Wenn ja, dann steht dort, ob die Patientin zum Beispiel lebensverlängernde Maßnahmen, wie die künstliche Beatmung, wünscht. Gibt es keine Patientenverfügung, dann werden Ärzte alle Maßnahmen ergreifen, um sie am Leben zu erhalten, denn Menschen zu kurieren ist ihr ureigenster Antrieb.

Es ist also sinnvoll, sich früh um eine Patientenverfügung zu kümmern. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben ist hier ein Ansprechpartner: „Wir haben bundesweit in vielen verschiedenen Städten 60 ehrenamtliche Helfer, die individuell und kostenlos zur Patientenverfügung beraten. Die Leute können mit ihnen Einzeltermine vereinbaren“, sagt Wetzel. Auch die Caritas oder die Malteser bieten eine kostenlose Beratung zur Patientenverfügung an. Wer sich das Wissen lieber anliest, kann den 168-seitigen Ratgeber der Verbraucherzentrale „Patientenverfügung“ für 6.99 Euro kaufen (E-Book).

Niemand beschäftigt sich gerne mit dem Tod, aber wer das Thema frühzeitig in Angriff nimmt, spart sich und anderen womöglich unnötige Leiden. Am Wichtigsten ist aber zuvor der Austausch mit nahestehenden Menschen über die Vorzüge und Nachteile der Sterbehilfe. Denn es sind die Lebenspartner, die Kinder oder die besten Freunde, die einen während der letzten Tage begleiten und den geliebten Menschen verlieren.