
Bei Knorpelverschleiß im Daumensattelgelenk haben sich zwei Operationsverfahren etabliert. Bevor man sich jedoch für eine Operation entscheidet, sollten alle konservativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sein.
Plötzlich ging nichts mehr mit der linken Hand. Sowohl das Öffnen der Haustür, als auch das Auswringen eines Haushaltslappens taten weh. So schildert ein 53-jähriger Patient dem Ärzteteam der Klinik Bogenhausen in München seine Symptome. Nach einer Untersuchung der Hand und einem Röntgenbild stellen die Münchner Ärzte die Diagnose: Rhizarthrose im fortgeschrittenen Stadium. Danach folgt der ungewöhnlich anmutende Therapievorschlag: die Implantation einer Daumensattelgelenkprothese.
Tatsächlich gibt es nicht nur für Knie und Hüfte, sondern auch für das Daumengelenk einen Gelenkersatz. Das Implantat ist hier natürlich sehr viel kleiner. Es gleicht einer Erbse. Während in Frankreich und Belgien inzwischen hauptsächlich solche erbsengroßen künstlichen Daumengelenke eingesetzt werden, sind Ärztinnen und Ärzte hierzulande noch sehr viel zurückhaltender. Erste Studiendaten zeigen aber gute Werte für das Implantat.
Symptome einer Rhizarthrose
Die Symptome einer Rhizarthrose, die sich oft über Jahre entwickeln, werden Betroffene kennen: Es beginnt damit, dass die Kraft in der Hand nachlässt. So wird das Öffnen eines Marmeladeglases plötzlich zum Problem. Dann beginnen die Schmerzen, wenn man mit der Hand Greifbewegungen macht, wie etwa die Waschtemperatur an der Waschmaschine einstellen. In einem späten Stadium der Erkrankung schmerzt der untere Teil des Daumens sogar im Ruhezustand. Bei einigen Patienten versteift er auch.
Wer ist betroffen?
Werden jugendliche Smartphone-Zockerinnen und -Zocker im Alter an Rhizarthrose erkranken? Möglich. Denn die häufig wiederkehrenden Bewegungen mit dem Daumen am Smartphone führen zu einem schnelleren Verschleiß des Gelenks. Auch Elektriker, Kosmetikerinnen, Friseure oder Schuhmacherinnen sind überproportional betroffen, weil sie häufig den sogenannten Pinzettengriff anwenden müssen. Ein weiterer Risikofaktor für die Erkrankung ist das Geschlecht. Frauen sind deutlich häufiger von der Krankheit betroffen als Männer. Oft tritt die Erkrankung ab dem 50. Lebensjahr auf.
5441 Frauen und 1980 Männer wurden im Jahr 2024 in deutschen Kliniken aufgrund von Rhizarthrose behandelt. Warum genau Frauen häufiger als Männer betroffen sind, weiß man noch nicht. Es wird vermutet, dass Veränderungen im Hormonhaushalt der Frau nach der Menopause eine Rolle spielen.
Diagnosemethoden
Die Diagnose der Erkrankung ist relativ einfach. In der Regel wird ein Röntgenbild angefertigt, das aber nicht isoliert betrachtet werden darf. „Es gibt gruselige Röntgenbilder ohne Beschwerden und es gibt Beschwerden bei nur geringen Arthrosezeichen im Bild“, sagt etwa Dr. med. Cordelia Schott im Podcast. Bei der körperlichen Untersuchung und der Befragung stellt die Orthopädin meist bereits die Diagnose, die dann von einer Ultraschalluntersuchung oder eben dem Röntgenbild gestützt wird. „Man muss immer das Gesamtbild sehen“, sagt sie. Positiv: Rhizarthrose ist auch ohne Operation gut behandelbar.
Konservative Therapien
Ist die Arthrose im Daumen noch nicht so weit fortgeschritten, verschreiben Ärzte Physiotherapie oder Ergotherapie. In beiden Fällen geht es darum, die Muskeln rund um das Daumensattelgelenk zu stärken und so die Schmerzen zu lindern. Denn wie beim Knie oder der Schulter gilt auch beim Daumen: Das Gelenk ist umgeben von Muskeln, Bändern und Sehnen. Wird der Muskelapparat gestärkt, wirkt sich das auch auf die umliegenden Strukturen aus. Achten Sie bei der Suche nach einer geeigneten Praxis für Physiotherapie oder Ergotherapie darauf, dass eine Spezialisierung auf „Handtherapie“ vorliegt. In spezialisierten handchirurgischen Kliniken und Praxen kennt das Personal oft die entsprechend geschulten Physiotherapeuten und Ergotherapeuten in der Stadt.
Gerade in frühen Stadien der Krankheit können auch spezielle Bandagen hilfreich sein, um das Gelenk ruhig zu stellen. Orthopäden können außerdem Stützorthesen verschreiben, die eine Überstreckung des Gelenks verhindern. Bei starken Schmerzen kann eine Schiene hilfreich sein. Sie sollte aber nicht dauerhaft getragen werden, weil sich sonst der Muskel abbaut.
Auch Medikamente helfen gegen Schmerzen. Nicht-Steroidale Entzündungshemmer (NSAR) in Tablettenform bieten sich bei Schulterschmerzen an. Viele Ärzte verabreichen auch Injektionen mit der Spritze. Leider gibt es keine Injektion, sei es mit Eigenblut, Hyaluronsäure oder Kortison, die den Knorpel wieder aufbaut. Denn die Ursache für die Schmerzen bei Arthrose ist, dass sich die Knorpelschicht zwischen den Gelenken abgebaut hat und Knochen auf Knochen reibt.
Manche Ärzte berichten aber über gute Erfahrungen mit Infiltrationen, wie zum Beispiel Dr. med. Stephan Schindele, stellvertretender Chefarzt Handchirurgie an der Schulthess Klinik in Zürich. „Ich bin ein Fan von Infiltrationen“, sagt er im Podcast-Interview. „Ich weiß, Kortison hilft.“ Aber es dürfe nur halbjährlich oder jährlich ins Daumengelenk gespritzt werden, weil es den Knorpel angreife. Negativ für Kassenpatienten: Die Injektion muss selbst bezahlt werden. „Irgendwann hilft auch das Kortison nicht mehr“, betont Schindele. „Dann ist man soweit, dass die Operation kommt.“
Operationsverfahren
Es gibt zwei Operationsverfahren, die bei Rhizarthrose angewendet werden. Die Sattelgelenkarthroplastik und die Prothesen-Implantation.
Bei der Sattelgelenkarthroplastik wird der Knochen mit dem angegriffenen Knorpel (er heißt: großes Vieleckbein) herausgeschnitten. Er hat ungefähr die Größe von zwei Stück Würfelzucker. Im Daumenballen entsteht dadurch ein Hohlraum, der mit Sehnengewebe gefüllt wird. Nach der Operation reiben die Knochen nicht mehr aufeinander, sodas der Schmerz im Daumen nachlässt. Ein Nachteil dieser Operationsmethode ist, dass die Präzision beim Greifen geringer wird. Ein Knopf zu schließen oder eine Nadel aufzuheben, wird schwieriger.
Auch ist die Erholungszeit bei dieser OP-Methode relativ lang. So zeigte eine italienische Beobachtungsstudie, die im Juli 2025 in dem Fachmagazin European Journal of Orthopaedic Surgery & Traumatology veröffentlicht wurde, dass die Hand nach einer Sattelgelenkarthroplastik durchschnittlich drei Wochen ruhig gestellt werden muss. Danach dauerte es weitere drei Monate, bis die Patienten ihre Beweglichkeit und Griffkraft in der Hand durch Reha-Maßnahmen zurückgewonnen hatten. Colette Dietzel, Handchirurgin an den DRK-Kliniken Berlin, geht sogar von einer noch längeren Erholungszeit aus. Nach der Sattelgelenkarthroplastik beobachtet sie bei ihren Patientinnen und Patienten Erholungszeiten zwischen drei und sechs Monaten, sagt sie im Podcast-Interview.
Relativ neu in Deutschland ist die Implantation eines künstlichen Daumengelenks. Bei diesem Eingriff legt der Orthopäde unter Regional- oder Vollnarkose über einen kleinen Schnitt an der Daumenbasis das verschlissene Gelenk frei. Er entfernt die beschädigten Knorpel- und Knochenflächen und setzt das erbsengroße Implantat aus Silikon ein. Dieses verankert er mit einem kurzen Stil im Daumenknochen. Bevor er die Wunde verschließt, prüft er die Stabilität des neuen, kleinen Kunstgelenks. Oft dauert die OP nicht länger als eine Stunde.

Der Vorteil für Patienten mit Daumengelenksimplantat: Ihr Daumen ist belastbarer, kann beispielsweise präziser greifen und auch die Erholungszeit nach der OP ist kürzer. Colette Dietzel beobachtet bei ihren Patienten, dass sie den Daumen nur ein bis zwei Wochen ruhigstellen müssen und dann bereits mit der Aktivierung beginnen können.
Der große Nachteil von Daumengelenkimplantaten ist, dass keine Langzeitdaten zum Operationsverfahren vorliegen. Der Schweizer Orthopäde Schindele operiert die Prothesen beispielsweise seit acht Jahren. In Belgien und Frankreich wird diese Methode bereits etwas länger angewendet. Aber verlässliche Langzeitdaten über 20 oder 30 Jahre, wie sie für Hüft- oder Knieprothesen vorliegen, sucht man bei der Daumensattelgelenkprothese vergeblich. Immerhin stimmen die Beobachtungen aus den ersten fünf Jahren nach der Implantation die Ärzte positiv. So zeigte eine Übersichtsarbeit von Mai 2025, dass die Komplikationsraten bei Patienten bei beiden Operationsverfahren ähnlich niedrig sind. Bei weniger als fünf Prozent der Patienten gab es innerhalb von fünf Jahren nach der Operation Komplikationen.
Welches Verfahren ist nun für Sie geeignet? Die Antwort ist: Es kommt drauf an. Wenn Sie jung sind, noch im Berufsleben stehen und Ihre Hand dringend benötigen, beispielsweise um eine Maschine zu bedienen, könnte ein künstliches Daumengelenk infrage kommen. Wenn bereits mehrere Finger von Arthrose befallen sind und Ihnen vor allem die Schmerzbeseitigung wichtig ist, ist die klassische Sattelgelenkarthroplastik, die sich seit vielen Jahrzehnten bewährt hat, möglicherweise die OP-Methode der Wahl.
Autor: Lukas Hoffmann






























