Hüftprothese
Eine Hüftprothese aus Edelstahl und Polyethylen; ©CC0

Ein künstliches Hüftgelenk wird fast 200.000 Mal jährlich in Deutschland eingesetzt. Damit zählt die Implantation der Hüftprothese zu den am häufigsten durchgeführten Operationen in Deutschland. Doch wie ist eine Hüftprothese aufgebaut? Welche Arten von Prothesen gibt es? Wie unterscheiden sich diese voneinander?

Wie ist eine Hüftprothese aufgebaut?

Eine fortgeschrittene Coxarthrose (Verschleiß im Hüftgelenk) oder ein Oberschenkelhalsbruch kann den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks erfordern. Damit das Kunstgelenk die Funktionen des menschlichen Originals so gut wie möglich übernehmen kann, besteht es aus drei bis vier Teilen, die die ursprüngliche Hüftanatomie bestmöglich imitieren.

Die Prothese besitzt am unteren Ende einen sogenannten Schaft, der dünn und länglich wie ein Stiel verläuft. Mit diesem Schaft verankern die Orthopäden die Prothese in den Oberschenkelknochen. Der Schaft geht über in den Prothesenkopf. Er ist kreisrund und entspricht dem Hüftgelenkkopf. Der Prothesenkopf wird von dem Pfanneneinsatz umfasst. Er hat die Form einer hohlen Halbkugel. Die Chirurgen bezeichnen diesen auch als Inlay. Der Pfanneneinsatz verbindet den Prothesenkopf mit der ebenfalls halbkugelförmigen Pfanne. Die Pfanne ist das obere Ende der Prothese und wird im Hüftbein verankert.

Aus welchem Material werden Hüftprothesen hergestellt?

Die Chirurgen setzen eine Hüftprothese mit dem Ziel ein, dass sie dem Körper einen möglichst langen Zeitraum erhalten bleibt. Das Kunstgelenk darf aber auch nicht dem menschlichen Organismus schaden. Das bedeutet, dass bei der Auswahl des Materials für die Herstellung von Hüftprothesen darauf geachtet wird, dass die Prothese beständig gegen Korrosion und Abrieb ist. Außerdem muss sie biologisch verträglich und widerstandsfähig gegen Druck, Gewicht und Bewegung sein.


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Um die Stabilität des Gelenks zu erhalten, achten die Chirurgen insbesondere auf den guten Einbau der Prothese in die Knochen. Hier können Ärzte entscheiden, ob eine zementierte, nicht-zementierte oder teilzementierte Prothese infrage kommt. Diese Entscheidung treffen die Orthopäden, indem sie die Knochenstruktur des Patienten beurteilen.

Eine zementierte Prothese wählen die Ärzte vorwiegend bei Patienten aus, die schon etwas älter sind und einen geschwächten Knochenbau besitzen. Die Zementschicht besteht aus speziellem Kunststoff und Polymethylmetacrylat. Das Polymethylmetacrylat (PMMA) fungiert wie ein Klebstoff, der ein bis zwei Millimeter dick ist und schnell verhärtet. So müssen Patienten mit Osteoporose oder langsamer Knochenregeneration nicht darauf warten, dass ihre Knochen um die Prothese herum wachsen. Eine Vollbelastung ist nach der Operation schnell möglich.

Eine zementfreie Prothese kommt vor allem bei jüngeren Patienten zum Einsatz. Denn die körpereigenen Knochen können bei diesen noch um die Prothese herum wachsen und so die Stabilität gewährleisten. Deshalb spricht man auch von einwachsenden Hüftprothesen. Sie bestehen aus einer Titanlegierung, die als knochenfreundlich gilt. Denn die raue Oberfläche aus Titan eignet sich besonders gut für den Knochen-Prothesen-Kontakt. Neben der Stabilität sorgt diese Verzahnung auch für eine lange Haltbarkeit.

Die teilzementierte Prothese ermöglicht den Chirurgen eine sogenannte Hybrid-Verankerung. Die Prothesenpfanne kann zementfrei in die natürliche Hüftpfanne eingepresst und der Schaft zementiert verankert werden.

Bei 80 Prozent der Patienten wird in Deutschland eine zementfreie Hüftprothese verwendet. Bei weiteren 15 Prozent kommt das Hybrid-Verfahren zum Einsatz.

Das Hüftgelenk besitzt eine Knorpelschicht, die eine reibungsfreie Gleitbewegung ermöglicht. Auch der Gelenkknorpel wird für die optimale Bewegungsfähigkeit im Kunstgelenk nachgestellt. Der Knorpel wird von einer Gleitschicht oder einer Gleitpaarung zwischen Hüftprothese und der körpereigenen Hüftpfanne gebildet. Die Gleitpaarung besteht aus dem Kugelkopf aus Keramik und dem Pfanneninlay. Auch dieses besteht aus Keramik oder Polythylen. Beide Materialien sind abriebfest und ermöglichen eine lange Haltbarkeit.

Welche Arten von Hüftprothesen gibt es?

Man unterscheidet zwischen drei Prothesenarten, die in der Hüftprothetik zum Einsatz kommen können.

Die Kurzschaft-Prothese besitzt einen kurzen und leicht gebogenen Schaft. Die kurze und kleinere Form ermöglicht eine schonende Implantation bei der OP. Ärzte können die Muskeln weitgehend ohne große Schnitte erhalten. Der kurze Schaft setzt allerdings eine gute Knochenqualität voraus. Sie sind mit einer knochenwachstumsfördernden Beschichtung ausgestattet.

Die Geradschaft-Prothesen sind seit über zwanzig Jahren im Einsatz und eignen sich durch ihre verschiedenen Varianten bei den meisten Oberschenkelknochenformen als Implantat. Die Chirurgen können sie zementiert oder zementfrei einsetzen.

Die nach ihrem Erfinder benannten McMinn-Prothesen, auch Kappen-Prothesen genannt, halten Schenkelhals und Hüftkopf zusammen. Vergleichbar wie bei einer Zahnkrone wird der Hüftknopf mit einer Metallkappe überkront. Am Hüftknochen implantieren die Orthopäden eine Hüftpfanne. Die Kappen-Prothese wird bei jüngeren Patienten eingesetzt. Durch die Form der Prothese müssen Chirurgen nur wenig vom Oberschenkelknochen entfernen, aber wegen des großen Prothesenkopfes wird im Gegenzug mehr vom Beckenknochen entfernt. Das führt zu einem erhöhten Bruchrisiko am Oberschenkelhals.

In Deutschland kommen am häufigsten die Geradschaft-Prothesen zum Einsatz. Die langjährige Erfahrung ohne große Veränderungen an der Prothesenform oder der operativen Technik werden in 85 Prozent der Fälle implantiert. Zehn Prozent erhalten die Kurzschaft-Prothese, während Ärzte die Kappen-Prothese nur noch selten verwenden.

Worauf achten Ärzte beim Einsatz der Hüftprothese?

Da es sich bei dem künstlichen Hüftgelenk um die Implantation eines Fremdkörpers handelt, fragen die Ärzte nach Allergien und Unverträglichkeiten. Der Fokus liegt hier nicht nur auf den Medikamenten, sondern auch auf Materialien wie Nickel, Chrom, Jod oder Titan. Daher ist es besonders wichtig, dass Patienten ihren Allergiepass zum OP-Gespräch mitnehmen.

Die Chirurgen arbeiten minimalinvasiv. Das bedeutet, sie versuchen beim Einsatz der Hüftprothese so wenig Gewebe und Muskel wie nur möglich zu schädigen. Den Zugang zu den Knochen erhalten sie, indem sie bereits vorhandenen anatomische Lücken zwischen den Muskeln ausnutzen. So kann der Patient die Hüfte postoperativ schnell belasten.

Damit die Orthopäden die richtige Prothese für den Patienten auswählen können, arbeiten sie vor der Operation computergestützt und mit aktuellen Röntgenbildern. Sie berechnen anatomische Winkel von Hüftkopf und Hüftpfanne zueinander, Beinlänge, die Durchmesser der Knochen und vieles mehr. So können Ärzte individuell für den Patienten die passende Prothese bestimmen. Die Chirurgen ermöglichen dem Patienten so maximale Stabilität gegen eine Ausrenkung und dennoch ein natürliches Bewegungsgefühl mit der Prothese.

Die Operation setzt eine hohe Spezialisierung und Kenntnis in der prothetischen Versorgung aus und sollte nur in geeigneten Kliniken durchgeführt werden.


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Auch wenn die Nachsorge und Frühmobilisation im Krankenhaus den Patienten schnell wieder auf die Beine bringen, ist mit einer Anschlussbehandlung in einer Rehaeinrichtung zu rechnen. Dort erhalten die neuen Prothesenträger ein spezielles physiotherapeutisches Programm, Informationen zu medizinischen Hilfsmitteln und weiteres Wissenswertes zum Leben mit einer Hüftprothese.

Wie viel kostet der Einsatz einer Hüftprothese in Deutschland?

Die Kosten des Einsatzes einer Hüftprothese sind von Land zu Land unterschiedlich. Im Jahr 2017 war die Implantation eines Hüftgelenkes in den USA mit 32.500 US-Dollar am teuersten. Laut Chirurgen kostet ein neues Hüftgelenk in Deutschland nur etwa 7.000 Euro. Der große Preisunterschied lässt sich damit erklären, dass in den USA die Honorare für Ärzte und die Kosten für Prothesen wesentlich höher sind als in Deutschland.

Sämtliche Kosten der Operation und Weiterbehandlung werden in Deutschland durch gesetzliche und private Krankenkassen übernommen.

Wie lange ist eine Hüftprothese haltbar?

In Studien wurde nachgewiesen, dass fast 90 Prozent der Befragten längerfristigt mit der Hüftprothese zufrieden sind. Die Schmerzen lassen nach und die Bewegungsfreiheit nimmt zu. Doch wie lange hält nun eine Prothese?

Eine pauschale Antwort lässt sich darauf nicht geben. Denn die Haltbarkeit einer Prothese hängt von verschiedenen Faktoren ab, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind. Wie auch beim echten Hüftgelenk, treten auch hier Abnutzungserscheinungen auf.

Ärzte sprechen aber Empfehlungen aus, die die Lebensdauer einer Prothese günstig beeinflussen. Beispielsweise sollte auf gelenkbelastende Sportarten wie Skifahren oder Tennis verzichtet werden. Die Stoßbelastung ist bei diesen Sportarten zu groß. Dahingegen kommen Schwimmen, Radfahren und Wandern infrage. Auch die aktive Teilnahme am Rehaprogramm und die Weiterführung des Muskelaufbaus zu Hause werden dringend empfohlen.

Neue Studien legen dar, dass dank heutiger, moderner Operationsverfahren 95 Prozent der eingesetzten Hüftprothesen nach zehn Jahren intakt sind. Mittlerweile kann man sogar damit rechnen, dass 85 Prozent der künstlichen Hüftgelenke auch mehr als zwanzig Jahre funktionsfähig sind.

Quellen 

Gesundheitsinfromation.de. Hüftarthrose (Coxarthrose). Gelenkersatz bei Hüftarthrose. https://www.gesundheitsinformation.de/gelenkersatz-bei-hueftarthrose.html. Zuletzt abgerufen am 22.06.22. 

Maaß, S. 06.11.2011. Verkaufsschlager Hüftgelenk. Die Welt. https://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13700860/Verkaufsschlager-Hueftgelenk.html. Zuletzt abgerufen 22.06.22. 

Wirtz, Dieter Christian; Stöckle, Ulrich. Hüfte. Expertise Orthopädie und Unfallchirurgie. 2018.